Wenn kleine Dinge wichtig werden

Und schon wieder ist so viel passiert, dass ich eigentlich nicht weiß, wo ich beginnen soll…

Sascha und ich sind von Brasov nach Cluj gefahren, wo wir dann Saeedeh getroffen haben. Nachdem unser Zug 2,5 Stunden Verspätung hatte, stand der deutsch-ukrainisch-iranischen-Wiedervereinigung nichts mehr im Wege und es war einfach nur eine wunderschöner Moment die beiden wieder zu haben.
Zu Cluj muss ich ein paar Sätze schreiben. Cluj war mit Abstand die unattraktivste Stadt für mich. Fast nur graue sowijet Bauten, die der Stadt ein heruntergekommenes Flair verliehen haben. Dazu kam auch noch, dass uns Saeedeh in ihrer Unterkunft nur EIN Bett beschaffen konnte. Die Unterkunft war ein Studentenwohnheim. 6 Leute in einem 20m² Zimmer, von dem Waschraum für 3 Etagen fange ich lieber gar nicht erst an. Das gute an der ganzen Situation: wir mussten keinen Cent zahlen, aber im Nachhinein mussten Sascha und ich zugeben, dass Cluj auch auf Grund der Unterkunft nicht so schön war.
Letztendlich wollten wir dann zusammen mit Saeedeh nach Sighisoara fahren, was allerdings nicht geklappt hat, da Saeedeh am Abend vor der Abreise noch einen Anfall bekommen hat, weil ihr aufgefallen war, dass wir ja schon in 8 Stunden los wollten und sie noch nichts gepackt und sich noch nicht verabschiedet hatte, etc. Das war ein bisschen frustrierend, da wir ja irgendwo nur für sie gekommen sind und sie dann nur wegen ihrer „Verpeiltheit“, die sowieso schon kurze Zeit mit ihr, noch weiter gekürzt hat. Letztendlich ist sie dann 1,5 Tage später nach Sibiu gekommen.
In Sighisoara war ich also mit Sascha wieder alleine, wir haben viel Kaffee getrunken über offensichtliche Touristen gelacht und die kleine Stadt lieben gelernt. Nach Sighisoara sind wir dann in Sibiu wieder auf Saeedeh getroffen und haben unsere Zeit sehr gut genutzt. Ich hatte die Tage zuvor ein Auto für den Dienstag gemietet und ich war vier Tage vorher schon hibbelig, weil ich endlich die berüchtigte Transfagaras Road fahren wollte! Also wir dann am Dienstagmorgen im Büro der Autovermietung standen, sollte es allerdings anders kommen. Es war nämlich auf einmal die Rede von einer Kaution von 1200€. Die hatte natürlich keiner von uns auf dem Konto! Also ging das Falschen um eine niedrigere Kaution los. Letztendlich mussten wir eine Versicherung abschließen, die nochmal genau so teuer war wie das Auto. Damit hatten wir dann nur noch eine Kaution von 300€ und die hatte ich dann Gott sei Dank. Ziemlich geknickt darüber, wie das nun alles gelaufen war, wurde ich zum Auto geführt. Gebucht war eine Opel Astra, aber wir bekamen einen Dacia Kombi, der fast aussah wie ein Range Rover! Das war schon ziemlich Sahne! Ein Neuwagen, keine 9000 km runter, groß, weiß, mit Klimaanlage und allem was das Herz begehrt! Als ich losfahren wollte, kam der Geschäftsführer nochmal raus und beobachtet wie ich das Auto startete. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sehen wollte, ob ich es schaffe, ohne Kratzer, in der zu engen Straße zu wenden und aus der noch winzigeren Parklücke komme. Ich versuchte nicht daran zu denken, wann ich das letzte Mal Auto gefahren bin – ich wusste es absolut nicht mehr – und begann auszuparken. Klappte auf Anhieb und ohne Problem und auch das Wenden war sehr geschmeidig innerhalb einer Dreipunktwendung erledigt. Als ich in den Rückspiegel sah, sah ich nur ein „das hätte ich nicht erwartet“-Gesichtsausdruch des Chefs und dachte für mich „PAAAAH!!! SIEHSTE MAL!“
Der Weg durch die Stadt war schnell geschafft und nach 1,5 Stunden gelangten wir auf die berühmt berüchtigte Transfagaras Road und ich kann euch nur sagen, das war der größte Spaß aller Zeiten!! Leider hat es nach circa 10 Minuten auf der Strecke angefangen sehr nebelig zu werden, so, dass ich mit Nebelschlusslicht fahren musste. Die Berge schienen sehr mysteriös und verwunschen und wir hatten das Gefühl nach Narnia gekommen zu sein. Immer mal wieder lichtete sich der Nebel und erlaubte uns zu erahnen, was von ihm verborgen wurde. Was aber wirklich hinter dem Nebel lag, sollten wir erst Stunden später erfahren.
Wir hielten immer wieder an, sprangen aus dem Auto, fotografierten, alberten rum und rannten wieder zurück zum Auto, um mit lauter Musik weiter zu fahren. Die drei Lieder die wir am meisten hörten packe ich mal ans Ende und ihr müsst euch die Lieder zu den Bildern anhören und euch vorstellen, wie drei bekloppte Mädchen aus drei Ländern dazu im Auto abgehen! Könnte ganz lustig werden!
Als wir endlich auf der Spitze des Berges angekommen waren, gab es leider immer noch nur eine Wand aus Nebel zu betrachten und zu allem Übel, begann es auch noch ziemlich stark zu regnen. Wir beschlossen dennoch auf der anderen Seite wieder runterzufahren und uns noch eine Burg anzuschauen, die 60km weit weg war. Nach 2 Stunden waren wir dann endlich da und dann hieß es: 1480 Stufen zu erklimmen, um die Burg (eine der vielen Dracula-Burgen) auch nur ansatzweise sehen zu können! Endlich hrte der Regen auf und die Sonne wagte sich langsam hervor und plötzlich schien es als wäre sie nie weg gewesen. Endlich oben angekommen, hatten wir also einen fantastischen Ausblick, blieben dort eine Weile und traten den Rückweg an. Am Fuß des Berges tranken wir dann noch Eiskaffee und ich setzte mich wieder hinters Lenkrad. Als wir wieder in Richtung Transfagaras Road kamen, war das Wetter zwar nicht mehr ganz so super wie an der Burg, doch immer noch sehr schön. Zum ersten Mal sahen wir dann das, was wir nur erahnen konnten. Es war noch viel beeindruckender! Die Wiesen, die Berge, die Steine und vor allem die Farben! So hätte ich es mir nicht in meinen kühnsten Träumen erträumt. Das was wir da gesehen haben, war einfach nur atemberaubend! Wunderschön!
So habe ich mir immer Irland und Schottland vorgestellt, aber definitiv nicht Rumänien. Ich wurde eines besseren belehrt.
Nach diesem Tag waren wir so euphorisiert, dass wir genau wussten, dass das so schnell nicht übertreffen wird! Auch war uns bewusst, dass es unser vorletzter Tag zusammen war und dass es ein doch sehr schöner Abschluss war, der uns wieder fester zusammengeschweißt hat!

Den Tag daruf verbrachten wir dann in Sibiu, liefen rum, tranken Kaffee, hatten einfach Spaß und genossen die letzten Minuten zusammen. Um 15 Uhr ging dann Saschas und mein Zug zurück nach Bukarest und Saeedeh sich auf den Weg zurück nach Cluj. In Bukarest haben Sascha und ich gestern so ziemlich das gleiche gemacht: In der Stadt rumgelaufen, Spaß gehabt und Kaffee getrunken.

Jetzt sitze ich im Bus nach Sofia. Ja, ich habe mich dafür entschieden. Es fühlt sich ein bisschen komisch an jetzt wieder alleine unterwegs zu sein, aber ich weiß, dass es auch schöne Tage werden. Morgen treffe ich dann James wieder. Den Amerikaner, den ich an meinem ersten Tag in Bukarest kennengelernt habe. Das wird bestimmt ein schöner Tag!

Vielleicht noch kurz etwas zu eigenen Erkenntnissen, einfach weil es mir wichtig ist:
Ich hatte in letzter Zeit viele Zug- und Busstunden und hatte dementsprechend sehr viel Zeit, um meine Gedanken fliegen zu lassen und sie neu zu ordnen. Ich habe viel nachgedacht und so einige Erkenntnisse für mich gewinnen können. Ansichten die ich Jahre lang hatte, konnte ich endlich komplett über Bord werfen und Ereignisse akzeptieren, die mich mein ganzes Leben beeinflusst haben. Ich habe, einfach gesagt, mit ein paar Momenten in meinem Leben „abschließen“ können und das war ein merkwürdiges Gefühl, aber seit dem habe ich andere Dinge in meinem Kopf, denke anders, fühle anders. Es fühlt sich alles ganz neu an und das macht es spannend. Ich habe nicht nur zu mir finden können, sondern habe auch spirituell für mich einen neuen Weg einschlagen können und dafür bin ich sehr Dankbar.

Ich bin jetzt sehr gespannt auf Sofia, die Eindrücke die mich erwarten und genieße meine letzten Reisetage.

Wir sehen uns ganz bald meine Lieben <3
Ciao

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